Ein Leserbrief zu "Alexander Gersts Videobotschaft an unsere Enkelkinder" (NOZ, 2018-12-22)

Osnabrück, 22.12.2018       Offener Brief an Alexander Gerst:
Neue Osnabrücker Zeitung vom 21. Dezember 2018: Alexander Gerst veröffentlicht eine Videobotschaft an seine Enkelkinder.
Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=XC9QC2ffpYg (ca. 300.000 Klicks in 3 Tagen)
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Hallo Herr Gerst,
gestern morgen las ich in der Zeitung, dass Sie in einem auf Youtube veröffentlichten Video ihre Enkelkindern für den Zustand unseres Planeten Erde um Entschuldigung bitten.
Wichtig und interessant, dachte ich.  Das Thema beschäftigt auch mich sehr.
Noch während der morgendlichen Zeitungslektüre erreichte mich dann ein Link zu Ihrem Video. Abgesendet von einer Freundin.
Ich hatte Zeit, ich drückte auf den Link und …..... war bereits im Bruchteil einer Sekunde ziemlich schockiert! Groß und rot sprang mir das „Bild“-Logo ins Auge. Genau: das Logo der Spitzenreiter im (nicht  nur sexistischen) Schmieren-Journalismus. Der Leute-Verdummer und Leuter-Verhetzer  par exellence, der …....
Eigentlich wollte ich das Video sofort stoppen. Aber warum nur habe ich diesen Link bekommen?
Herr Gerst, ich kenne sie nicht persönlich. Dennoch bin ich geneigt, so manchen Presseberichten zu glauben, die sie als fachlich hoch kompetenten und menschlich sehr umgänglichen und kooperationsfähigen Zeitgenossen beschreiben.

Umso erschrockener und enttäuschter bin ich über ihr Video. Ich bin der Meinung, dass ihre Äußerungen an Poesiealbum-tauglicher Schlichtheit und Unbrauchbarkeit für die politische Auseinandersetzung kaum zu übertreffen sind. (Wobei: es wäre ja schon zumindest ein wenig erreicht, wenn Sie durch ihren Beitrag als beliebter Sympathieträger mit publikumswirksamer Ausstrahlung einige „Klima-Wandel-Leugner“ bekehrt hätten!)
Zitat: „Im Moment sieht es so aus, als ob wir, meine Generation, Euch (unseren Enkelkindern) den Planeten nicht gerade in dem besten Zustand hinterlassen werden.“
Was mich anbetrifft: zugegeben, ich könnte sicherlich das Auto öfter stehen lasse, als ich es momentan mache. Das gleiche (weniger wäre möglich!)  gilt für meinen Wasser-, Haushalts-Energie- und Fleischkonsum. Für meine Reisen. Ich könnte öfter und mehr Bio-Produkte kaufen, achtsamer sein, meinen „inneren Schweinehund“ öfter überwinden, …... Mea culpa!
Aber: wer ist außer mir und Ihnen „wir“? Sie sind Wissenschaftler, müssen Probleme lösen, Ursachen für Probleme analysieren. Differenziert! Detailliert!
„Wir“, „unsere Generation“ sollen die Ursache für die zu erwartenden Katastrophen sein, mit denen sich unsere Enkelkinder werden auseinandersetzen müssen? Geht´s ein wenig genauer? Wer ist „wir“? Wer hat die Macht und das Geld, Entscheidungen zu treffen, die die Ausbeutung von Ressourcen, die Rodung von Wäldern, das Anzetteln und Führen von Kriegen bewirken? Sie? Ich? Aufgrund von Blöd-Zeitungs-Informationen?
Schade, dass sie sich vor diesen „Ein Herz für Kinder“ - Karren haben spannen lassen und „ihre Entschuldigung“ in einer peinlichen Aufzählung von Lebensweisheit-Plattheiten enden lassen:
„Ein Blick von außen hilft“.  „Es lohnt sich, mit seinen Nachbarn gut auszukommen“. „Träume sind wertvoller als Geld und verdienen eine Chance“. „Die eigene Sichtweise ist immer unvollständig“. „Es braucht Risikobereitschaft für Dinge, die es einem wert sind“.
Sagen Sie doch mal ´was Riskantes zur Verquickung von Raumfahrtindustrie und „militärisch-industriellem Komplex“ oder der absolut a-sozialen Schieflage auf „unserem“ Planeten, oder ….....
Mit sehr ent-täuschten Grüßen
Norbert Heitkamp

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